Übersetzung, Lokalisierung oder Transkreation?

Flurina Kühn-Schwendimann (Freiberufliche Übersetzerin)

Wir schreiben in diesem Blog immer wieder über Übersetzung und Lokalisierung, allerdings stellen sich unsere Leser immer wieder die Frage, was genau der Unterschied zwischen den beiden Begriffen ist. Das liegt insbesondere daran, dass sie im Alltag oft synonym verwendet werden, aber wenn es um konkrete Aufträge geht, muss einem der Unterschied klar sein, um die richtige Dienstleistung zu buchen. Um einen Schritt weiterzugehen, gehen wir auch auf die Transkreation ein, die noch kreativer als die Lokalisierung ist.

Übersetzung: Der Inhalt im Vordergrund

Bei der „normalen“ Übersetzung geht es darum, den Inhalt eines Textes von einer Sprache in eine andere zu übertragen, ohne dass dabei die ursprüngliche Bedeutung, die Tonalität und der Stil verloren gehen. Das bedeutet natürlich nicht, dass der Text Wort für Wort übersetzt wird – das ist nämlich ein Zeichen einer schlechten Übersetzung.

Es geht vielmehr darum, dass die „Integrität“ des Quelltextes bewahrt wird und der Inhalt gleich bleibt. Die Übersetzer passen den Text dabei nur bedingt an kulturelle Nuancen für bestimmte Zielmärkte oder -gruppen an, weswegen die reine Übersetzung ideal für technische, juristische oder wissenschaftliche Texte geeignet ist, bei denen es auf Genauigkeit ankommt.

Lokalisierung: Fokus auf kulturelle Referenzen

Die Lokalisierung ist der Prozess, bei dem Inhalte nicht nur übersetzt, sondern auch an eine bestimmte Kultur, Region oder einen Zielmarkt angepasst werden. Dazu gehört die Berücksichtigung kultureller Referenzen, Redewendungen und anderer kontextbezogener Aspekte.

Das bedeutet, dass der lokalisierte Text teilweise erheblich vom Quelltext abweichen kann, um den Präferenzen und Vorlieben der Zielgruppen zu entsprechen. Bei der Lokalisierung werden auch die folgenden Informationen angepasst:

  • Maßeinheiten (metrisch, imperial)
  • Temperaturen (Celsius, Fahrenheit)
  • Zeitangaben (12- oder 24-Stunden-Format)
  • Datum (Reihenfolge und Format)
  • Währungen (Euro, Dollar, Pesos)

Ziel der Lokalisierung ist es nicht nur, den Text verständlich zu übermitteln (indem zum Beispiel die Abmessungen eines Produkts auf der Website in der richtigen Maßeinheit angegeben werden), sondern auch kulturelle oder sprachliche Stolperfallen zu vermeiden. So macht zum Beispiel Werbung mit Anspielungen auf Thanksgiving in Deutschland wenig Sinn, da es diesen Feiertag hier nicht gibt.

Außerdem kann die Lokalisierung von Produktnamen in manchen Fällen besonders wichtig sein, weil vor allem einzelne Wörter (oder die Aussprache davon in der Zielsprache) die unterschiedlichsten Bedeutungen und Konnotationen haben können. Um teure Fauxpas zu vermeiden, sollen potenziell neue Marken oder Produktnamen genau überprüft werden, und zwar in allen Zielsprachen.

Aus diesen Gründen werden besonders häufig Marketing-Inhalte, Pressetexte, Software, Websites und Benutzerhandbücher lokalisiert.

Transkreation: Kreativität über allem

Die Transkreation geht noch einen Schritt weiter als die Lokalisierung, wobei die Grenzen zwischen den beiden fließend sind. Kurz gesagt besteht die Transkreation aus der umfassenden Anpassung von Werbe- und Marketingtexten. Es werden dabei alle Änderungen wie bei der Lokalisierung vorgenommen, aber oftmals wird der Inhalt noch stärker angepasst, sodass am Schluss die transkreierten Texte nur noch wenig Ähnlichkeit mit den Quelltexten haben. Im Vordergrund steht die „Kreation“, also etwas, das sich jemand neu ausdenkt oder herstellt. Bei der Transkreation liegt der Schwerpunkt auf der Vermittlung der gleichen emotionalen Wirkung und Botschaft des ursprünglichen Inhalts. Bei der Transkreation hat man die Freiheit, Inhalte umzuschreiben, neu zu formulieren und kreativ anzupassen, um die Zielgruppe anzusprechen.

Je nach Definition und Interpretation davon wäre die Anpassung der Thanksgiving-Werbung vom Beispiel oben keine Lokalisierung, sondern eine Transkreation. Wie gesagt, die Grenzen sind fließend, aber unserer Meinung nach kommt es darauf an, wie stark der Inhalt angepasst werden muss.

Wenn es sich zum Beispiel um eine Werbekampagne handelt, bei der Thanksgiving nur eine untergeordnete Rolle spielt bzw. nur erwähnt wird, könnte es vielleicht reichen, den Feiertag mit einem anderen zu ersetzen, zum Beispiel Weihnachten – in diesem Fall wäre es noch Lokalisierung. Wenn es sich allerdings um eine Werbekampagne handelt, bei der Thanksgiving im Mittelpunkt steht, muss sie transkreiert werden. Je nachdem, wie weitgehend die Änderungen sind, tangiert die Transkreation das Copywriting.

Zahlungsaspekte

Auch die Art und Weise, wie die Dienstleistungen abgerechnet werden, unterscheiden sich voneinander. Während Übersetzungen in den allermeisten Fällen nach Wort- oder Zeilenpreis abgerechnet werden, werden Lokalisierungen manchmal und Transkreationen meistens nach Stunden abgerechnet.

Es ist allerdings nicht unüblich, dass Lokalisierungen auch pro Wort abgerechnet werden, allerdings zu einem wesentlich höheren Wortpreis als „normale“ Übersetzungen. Transkreationen wiederum können je nach Umfang sogar mit Tagessätzen oder Paketpreisen abgerechnet werden.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wahl zwischen Übersetzung, Lokalisierung und Transkreation auf den Zweck und die Zielgruppe der Inhalte abgestimmt sein sollte. Ganz gleich, ob Sie Informationen vermitteln, einen breit gefächerten Markt ansprechen oder emotionale Bindungen schaffen wollen: Wenn Sie die Nuancen dieser Ansätze verstehen, können Sie Ihre Botschaft über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg effektiv vermitteln. Der Schlüssel liegt darin, die einzigartigen Stärken jedes Ansatzes zu erkennen und denjenigen auszuwählen, der Ihren Kommunikationszielen am besten dient.